DLS / Helmut M. Selzer
 
 


EU-politische Initiative ::
TTIP kritisch beobachten, kommentieren, widersprechen


Teil F       Zwischen-Bericht vom 2014-06-15


Die EU-politische Initiative Pappenheim
ist eine Projekt-bezogene Denk- und Aktion-Gruppe mit dem Ziel, gegen die Geheimhaltung-Strategie des EU-Handels-Kommissars zu protestieren, in der Region über Verfahren und Inhalte der geheim-Verhandlungen (soweit überhaupt bekannt) aufzuklären, über die Folgen solcher Prozesse für die Europäische Union (als 'Demokratie im Aufbau') öffentlich nachzudenken.
Bei der EU-politischen Initiative Pappenheim finden Sie Arbeit-Notate, Statements, zahlreiche Links zu (hoffentlich nützlichen) Hinweisen.
Der kritische Begleit-Prozeß wird fortlaufend dokumentiert.


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* 1     Zwei Fragen an den Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Herrn Sigmar Gabriel zum Verhalten der Bundesregierung (im laufenden TTIP-Prozeß) wurden am 2014-05-18 abgeschickt. Hier der Wortlaut ::

EU-politische Initiative Pappenheim
c/o Rosengasse 3
91788 Pappenheim

Sehr geehrter Herr Minister Gabriel,
die (unten näher vorgestellte) EU-politische Initiative Pappenheim ersucht Sie, uns bezüglich (anstehender Verfahren in Organen) der Europäischen Union zwei Fragen zu beantworten.

Anlaß dieses Schreibens ::
CETA, ISDS, TISA, TTIP (so wie sie von EU-Organen bisher verhandelt wurden, und wie sie kommuniziert werden) bereiten vielen Bürgern Sorgen, befördern EU-Verdrossenheit und wecken Zweifel an der Vertrauens-Würdigkeit der deutschen Bundesregierung gegenüber TTIP-Kritikern.

Problem-Felder aus Sicht der EU-politische Initiative ::
Die praktizierte Art der geheim-Verhandlungen ist in hohem Maße provozierend; sie fordert den Bürger-Widerstand geradezu heraus.
Sofern nur Konzerne, Branchen-Verbände, Investoren (Kapital) Zutritt (zu Sach-Informationen und zum Verfahrens-Wissen) haben sollen, die Gewerkschaften (Arbeit) und die NGOs (Belange von Mensch, Tier, Natur, Welt) kaum oder nicht, fragen wir Sie, Herr Gabriel, in welchen Gesellschaften leben die dafür verantwortlichen Politiker, die EU-Kommission-Mitarbeiter eigentlich.
Ein prinzipieller Ausschluß der Verbraucher aus Prozessen, welche sie (direkt und indirekt) betreffen, ist kontrovers zur Idee einer demokratisch organisierten Gesellschaft. Sollte sich derartiges bevormundendes Verhalten im Politik-Prozeß weiter durchsetzen, bliebe als Antwort vielen Bürgern ein konsequent gezielter Konsum-Boykott.
Ein zentrales Anliegen ist uns, daß die nationalen Parlamente bei so weit reichenden Fragen (wie CETA, ISDS, TISA, TTIP) nicht nur als Vollzugs-Helfer beteiligt werden, vielmehr, daß die nationalen Parlamente Handlung- und Entscheidung-berechtigt bleiben, daß sie grundsätzliche Positionen zum gesamt-Vertragswerk (vor Beginn der Verhandlungen) erörtern, Leitlinien vorgeben können, daß sie (EU-bedingte Teil-)Souveräne der Verfahren bleiben.

Zwei Fragen, um deren Antworten wir Sie ersuchen ::
* Werden Sie Ihre (deutsche) Position und Ihr (soziales und demokratisches) politisches Gewicht im Rat der EU dafür einsetzen, daß die in geheim-Verhandlungen erarbeiteten Vertragswerke (der EU mit den USA, mit Kanada und anderen Staaten) noch bevor das EU-Parlament darüber befindet in den nationalen Parlamenten beraten und (ggf. modifiziert bzw. ablehnend) verabschiedet werden ?

* Werden Sie dafür eintreten, daß geheim-Verhandlungen (der Art, wie wir sie derzeit erleben müssen) künftig vom Rat der EU unterbunden werden ?

Die EU-politische Initiative Pappenheim unterstützt die Idee einer Europäischen Union, und sie versucht (in Wort und PR) dabei mitzuwirken, daß aus der derzeitigen Organ-Struktur der EU eine erkennbare Demokratie werde. Zu Positionen der EU-politischen Initiative Pappenheim finden sich Arbeits-Papiere und Statements unter >> EU-politischen Initiative Pappenheim.

Sehr geehrter Herr Gabriel,
TTIP-kritische EU-Bürger erwarten Ihr (unterstützendes) Engagement. In diesem Sinne bedankt sich die EU-politische Initiative Pappenheim, hier vertreten durch Helmut M. Selzer.

Mit gutem Gruß von H.M. Selzer, 2014-05-17

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* 2     Die Antwort des BMWi vom 12.06.2014 hier im Wortlaut.

Sehr geehrter Herr Selzer,
vielen Dank für Ihre beiden Fragen zu den aktuellen Verhandlungen über transatlantisches Freihandels und Investitionsabkommen (TTIP). Hierzu nehme ich wie folgt Stellung:

Zu Frage 1 (Beteiligung der nationalen Parlamente):

Die Bundesregierung geht davon aus, dass ein zukünftiges Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) als ein sogenanntes gemischtes Abkommen zu qualifizieren ist, d.h. als ein Abkommen, das sowohl Zuständigkeitsbereiche der EU wie auch der EU-Mitgliedstaaten betrifft. Eine abschließende Bewertung lässt sich zwar erst treffen, wenn die vollständigen Verhandlungstexte vorliegen. Die Bundesregierung rechnet aber mit einer gemischten Natur des Abkommens. In diesem Falle muss es sowohl auf EU-Ebene (durch den Rat und das Europäische Parlament) wie auch durch von den 28 EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Dies sichert den nationalen Parlamenten eine entscheidende Rolle bei der Ratifikation von TTIP. Gleichzeitig wird dadurch die Bedeutung der EU-Mitgliedstaaten während der laufenden Verhandlungen gestärkt, zusätzlich zu den bereits bestehenden Konsultationsmechanismen zwischen der Europäischen Kommission und dem Rat der Europäischen Union.

Zu Frage 2 (Geheimverhandlungen):

Die Bundesregierung setzt sich für möglichst transparente Verhandlungen ein. Andererseits bedürfen Handelsverhandlungen eines gewissen Grades an Vertraulichkeit. Hier muss eine ausgewogenen Balance zu dem legitimen Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit gefunden werden. Auch zu diesem Zweck hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie erst vor kurzem, am 05. Mai 2014, eine hochrangige Informations- und Diskussionsveranstaltung zu TTIP abgehalten, an der neben Bundesminister Gabriel und den Chefverhandlern der EU und der USA auch zahlreiche Nicht-Regierungsorganisationen teilgenommen haben. Daneben finden sich zahlreiche Informationen zu TTIP auf der Website des BMWi. Auch die Europäische Kommission bemüht sich um möglichst umfassende Transparenz. So hat die Europäische Kommission am 27. März 2014 dreimonatige öffentliche Konsultationen zu möglichen - in der Öffentlichkeit intensiv diskutierten - Bestimmungen über Investor-Staats-Schiedsverfahren eröffnet. Weitere Beispiele ließen sich anführen. Die Bundesregierung appelliert an die Verhandlungsführer von EU und USA, alle weiteren Möglichkeiten zu mehr Transparenz bei den Verhandlungen aktiv zu nutzen.

Mit freundlichen Grüßen
(Mitarbeiter im BMWi, Berlin)

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* 3     Weitere Informationen, Quellen, Kommentare folgen (an dieser Stelle) Zeit-nah jeweiligen Ereignissen.


(Selzer, 2014-06)